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  • SU KV Böblingen

Umgang mit Arzneimitteln:

Therapeutische Breite, Wirkungen von Arzneimitteln im Körper, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen, Einnahmerichtlinien, zweifelhafte und problematische Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel

Zu diesem Thema sprach Apotheker Siegfried Müller am 20. März 2018 bei der Senioren Union Leonberg.
Sehr viele Tote in Deutschland durch Arzneimittel geben Anlass zur Sorge. Meist war es für diesen Patienten das falsche Medikament oder es gab Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bzw. mit Lebensmitteln. Ohne Arzneimittel wäre die Zahl der Toten allerdings weit höher.
Jahrelang hat unsere Presse meist überschwänglich über neue Arzneimittel berichtet, die öffentliche Meinung ist durch die Werbemaßnahmen der pharmazeutischen Industrie stark geprägt worden. In der letzten Zeit ist zu bemerken, dass zunehmend kritische Stimmen gegen den Einsatz von Medikamenten publiziert werden. Dabei schisst man nicht selten über das Ziel hinaus. Wenn zum Beispiel alle noch so seltenen Nebenwirkungen eines Magenmittels in einer Zeitung ausführlich aufgeführt werden, man aber mit keinem Wort erwähnt, dass gerade durch dieses Arzneimittel die Zahl der großen Magenoperationen praktisch auf Null reduziert wurde, verunsichert man Patienten nur. Dieses Arzneimittel sollte allerdings von Laien nicht längerfristig ohne fachmännischen Rat eingesetzt werden obwohl es in kleinen Packungen frei verkäuflich ist.
Woher bekommt man noch seriöse Informationen über Arzneimittel? Auch im Internet muss man lang suchen und kritisch schauen, wer der Autor des Artikels ist, Firmenwerbung nimmt stark zu. Ein vernünftiger Arzt und Apotheker sind unersetzlich.
Ein menschlicher Organismus funktioniert prinzipiell auf der Basis der Naturwissenschaften, ohne chemische Reaktionen geht es nicht. Es gibt keinen Unterschied zwischen chemischen und pflanzlichen Arzneimitteln. Entscheidend ist das Verhältnis von Wirkung und Nebenwirkung. Gesteuert wird dies alles aber durch das Gehirn. Dadurch erklärt sich auch die Wirkung von Placebos oder sogar von Nocebos (Mittel, die obwohl sie keinen Inhaltsstoff haben eine Nebenwirkung im Körper hervorrufen).
Ähnlich wie der Thermostat in unserer Heizung gibt es Regelkreise im Körper, in die man mit bestimmten Mitteln eingreifen kann.
Normalerweise lagert man Medikamente bei Raumtemperatur unter 25 Grad. Feuchtigkeit ist schädlich, daher sollte man das früher übliche Badezimmerschränkchen für Medikamente nicht verwenden. Auch im Kühlschrank muss man aufpassen, man darf nicht am Verdampfer sein Insulin aufbewahren, auch an der Tür stimmt manchmal die Temperatur nicht.
Gesetzlich ist ein Verfalldatum für jedes Medikament vorgeschrieben, die Laufzeit ist normalerweise 5 Jahre, danach darf es nicht mehr verwendet werden.
Vor dem Essen bedeutet nicht: Arzneimittel einnehmen und dann sofort essen. Man sollte eine halbe bis eine Stunde vorher einnehmen, damit das Mittel in einen nüchternen Magen kommt. Desgleichen gilt für nach dem Essen, das bedeutet nämlich ein bis zwei Stunden danach. Eingenommen wird immer mit einem großen Glas Wasser. Bitte verwenden Sie keine anderen Getränke. Mit Grapefruitsaft zum Beispiel kann es schwerwiegende Wechselwirkungen geben.
Wechselwirkungen kann es nicht nur mit Nahrungsmitteln sondern auch mit anderen Medikamenten geben, diese können sehr schwerwiegend sein.
Daher muss immer geprüft werden, jeder gute Arzt und jeder gute Apotheker überwacht durch seine Computerprogramme inzwischen die Verordnungen. Aber was ist, wenn nun ein anderer Arzt noch etwas dazu verordnet. Es ist sinnvoll immer in dieselbe Apotheke zu gehen und dort über sein Kundenkonto wirklich jedes Medikament, das eingenommen wird, prüfen zu lassen.

Nahrungsergänzungsmittel sind bei vernünftiger Nahrung mit ausreichend Gemüse und Salaten beim gesunden Menschen unnötig. Dies gilt insbesondere für die vielen überall angebotenen Vitaminprodukte, auch für die zur angeblichen Prophylaxe bösartiger Tumore. Hochdosierte Vitamin insbesondere Vitamin A, D und E können gesundheitsschädlich sein. Vitamin D muss manchmal eingenommen werden, da die Eigenproduktion aus Cholesterin unter der Haut durch Sonnenbestrahlung nicht ausreicht. Auch Fischölkapseln sind unnötig, wenn hochwertige Öle wie Rapsöl, Leinöl etc. verwendet werden. Es genügt ein Esslöffel am Tag.
Ein echtes Ärgernis sind die vielen Anzeigen insbesondere für homöopathische Mittel, die zum Beispiel in den wöchentlichen Fernsehzeitungen angeboten werden. Homöopathische Mittel benötigen keinen Wirksamkeitsnachweis und dürfen deshalb ohne besondere behördliche Überprüfung auf den Markt gebracht werden. Als Fachmann muss man feststellen, dass in diesen Anzeigen extrem gelogen wird. Wenn zum Beispiel ein mexikanischer Pilz namens Turnera als Potenzmittel in einer homöopathischen Verdünnung D4 angeboten wird ist das Täuschung des Patienten. In der Homöopathie gilt der Satz: Man möge Gleiches mit Gleichem heilen. Also ein Mittel, das in der Ursubstanz gewisse Erscheinungen im Körper hervorruft, heilt in homöopathischer Verdünnung genau diese Erscheinungen. Wenn jetzt der Pilz Turnera in einer Verdünnung von 1 : 10000 verkauft wird, der in Mexiko in der Volksheilkunde gegen Potenzprobleme verwendet wird, sollte er in der starken Verdünnung gegensätzlich wirken.
Auch für die anderen Mittel, die großflächig beworben werden gibt es keine Wirksamkeitsnachweise.
Das spricht aber nicht gegen den Einsatz der Homöopathie in niedrigen Verdünnungsstufen.
Häufig sind diese Produkte auch noch überteuert. Was nicht ausschließt, dass es über die Placebowirkung heilen kann. Unser Geist beherrscht unseren Körper.
Grundsätzlich gilt, sie sollten vom Arzt verordnete Arzneimittel korrekt einnehmen, sich beim Kauf von anderen Mitteln aber zurückhalten bzw. den Rat eines Fachmanns suchen.
 

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